Täuscht ein Arbeitnehmer eine Krankheit vor und bleibt der Arbeit fern, ist eine fristlose Kündigung rechtens. Allerdings muss der Arbeitgeber seinen Verdacht beweisen können.
Zweifel an einer Arbeitsunfähigkeit reichen nicht für eine fristlose Kündigung. Das Landesarbeitsgericht Nürnberg kam in zweiter Instanz zu dem Schluss, dass der Verdacht alleine nicht ausreicht, sondern der Arbeitgeber einen Nachweis für das Vortäuschen einer Krankheit erbringen muss. Damit erklärte das Gericht die Kündigung einer Arzthelferin für unwirksam. Allerdings muss die Mitarbeiterin die Krankheitstage von ihrem Urlaub abziehen.
Im konkreten Fall hatte eine Arztpraxis geplant, im April 2020 für zehn Tage zu schließen und dafür Urlaub erteilt. Aufgrund einer angeordneten Quarantäne musste die Praxis jedoch bereits kurz vorher schließen. Deshalb hob der Arzt die Praxisschließung für die folgenden Tage auf und widerrief den zugesagten Urlaub. Die Arzthelferinnen und ihre Kolleginnen waren damit nicht einverstanden. Daraufhin meldete sich die Arzthelferin mit Attest für die Zeit des eigentlichen Urlaubs krank, ebenso wie zwei weitere Kolleginnen. Der Arzt kündigte ihnen daraufhin.
Die Arzthelferin wehrte sich vor Gericht dagegen. Sie machte geltend, dass sie unter einer Vorerkrankung litt. Ihre Ärztin hatte sie jedoch pandemiebedingt nicht persönlich untersucht, sondern ihr Attest so ausgestellt. Das Gericht war nicht von einer Täuschung überzeugt, da die Ärztin die Krankheitssymptome der Arzthelferin glaubhaft schilderte. Die Beweislast liege beim Arbeitgeber, der diesen Nachweis nicht erbracht habe. Allerdings sahen die Richter den Beweiswert des Attests aufgrund der Vorgeschichte durchaus erschüttert. Um ihren Urlaubsanspruch geltend zu machen, hätte wiederrum die Arzthelferin nachweisen müssen, dass sie wirklich arbeitsunfähig war, das aus der Ferne erstellte Attest reichte dafür nicht aus.
Zudem betonte das Gericht, dass der Arbeitgeber nur in Ausnahmefällen einen bereits gewährten Urlaub einseitig widerrufen darf. Weil es sich im konkreten Fall nicht um eine Ausnahmesituation handelte, sei der Widerruf durch den Arzt unwirksam gewesen.
LAG Nürnberg, Urteil vom 27.07.2021, Aktenzeichen 7Sa359/20