ver.di-Tarifinfo
Nach den Tarifabschlüssen im Handel und im Buchhandel Hamburg signalisierten die Ar-beitgeber, dass sie sich eine Einigung auf Basis dieser Tarifabschlüsse vorstellen können. Deshalb kam es zu einer erneuten Tarifverhandlung für den Buchhandel und die Verlage in Bayern. Wir unterbreiteten einen Vorschlag für einen Tarifabschluss auf Basis der bekannten Tarifabschlüsse. Schnell kam die Ernüchterung. Die Arbeitgeber wollen die Buch-handels- und Verlagsbeschäftigten in Bayern auf Dauer zu Arbeitnehmer*innen zweiter Klasse abstempeln.
Skandal der Dumpinglöhne gelernter Buchhändler*innen soll vertagt werden
500 € im Monat niedriger sind die Einkommen von gelernten Buchhändler*innen z.B. bei Hugendubel als bei vergleichbaren Tätigkeiten mit dreijähriger Berufsausbildung in anderen Bundesländern bzw. im Einzelhandel. Hintergrund ist eine Formulierung im alten Tarifvertrag, der dies möglich macht. Diesen Skandal zu beenden wollen die Arbeitgeber aber auf später verschieben und nicht durch einen Tarifabschluss beenden. Damit werden die Beschäftigten zu Arbeitnehmer*innen zweiter Klasse abgestempelt.
Das wollen die Arbeitgeber: Weit über 1.800 Euro weniger für Buchhandels- und Verlags-Beschäftigte in Bayern
Durch elf sogenannte Nullmonate, also Monate ohne Einkommenserhöhung, und geringere Erhöhungen im zweiten Jahr sollen Beschäftigte in Bayern über 1.800 € in der Summe weniger bekommen als im Handel bzw. im Buchhandel Hamburg vereinbart. So soll es für das Jahr 2023 keine Erhöhung geben. Der erste Schritt soll erst ab Januar 2024 erfolgen. Der zweite Schritt wäre mit weiteren Nullmonaten versehen und würde erst zum 1. November 2024 erfolgen und dann noch geringer ausfallen. Eine Erhöhung der Inflationsausgleichsprämie oder Einmalzahlungen um dies auszugleichen, lehnten die Arbeitgeber ab. Und das zusätzlich zu den bereits bestehenden Gehaltsunterschieden von 200 bis 500 € im Monat.
Einkommensunterschiede werden vergrößert – Altersarmut bleibt
Seit 2017 haben die Beschäftigten im bayerischen Buchhandel und bei den Verlagen über 16 % Reallohnverluste hinnehmen müssen, da es bis 2022 keine Tariferhöhungen gab. Nach dem Willen der Arbeitgeber sollen die damit einhergehenden Einkommensunterschiede aber noch weiterwachsen. Mit knapp einem Prozent weniger sollen die Beschäftigten ab-gespeist werden.
Lange Erklärungsfrist schafft weitere Unsicherheit in den Unternehmen
Von einer langen Erklärungsfrist wollten die Arbeitgeber ebenfalls nicht abweichen, was die Möglichkeit der Tarifflucht von Hugendubel und anderen Unternehmen auch nach demTarifabschluss ausweitet.
Tarifabschluss und Flächentarifvertrag sind auf dieser Basis nicht möglich
Im Ergebnis verhindern diese arbeitgeberseitigen Zumutungen einen Tarifabschluss: Trotz der gefundenen Kompromisse im Handel bundesweit und Buchhandel in Hamburg, sind die Arbeitgeber nicht bereit, diese Ergebnisse auch für die Beschäftigten in Bayern zu vereinbaren. Der Skandal, dass Buchhändler*innen mit Ausbildung auf Dauer in die Anlerngruppe II eingruppiert werden, soll nicht beendet werden. Das weitere Abkoppeln der Entgelthöhe von anderen Branchen soll fortgesetzt werden.
Mit Arbeitgeberverband in die Altersarmut
Mit dieser Haltung des Arbeitgeberverbandes kommen wir im Kampf gegen das dramatische Risiko der Altersarmut nicht voran. Selbst armutsfeste Einkommen wären mit den angebotenen Tarifeinkommen nicht gewährleistet.
Es bleibt dabei: Wir müssen stärker werden
Leider hat das bisherige Engagement der Beschäftigten bei den Tarif-Aktionen zu keinem besseren Ergebnis geführt. Deshalb braucht es in der Zukunft mehr und breitere Beteiligung. Aus den vielfältigen Erfahrungen in anderen Branchen und Tarifrunden wissen wir, dass es für den Ausgang von konfliktträchtigen Tarifrunden entscheidend ist, dass möglichst viele Menschen gewerkschaftlich für ihre Interessen eintreten. Deshalb braucht es in der Zukunft mehr und breitere Beteiligung. Damit sich an den Verhältnissen im Buchhandel und Verlagsbereich in Bayern etwas ändert, müssen sich mehr Menschen in ver.di organisieren und engagieren.
Nur neue Wege führen zum Ziel
Da es nach 19 Monaten zu keinem akzeptablen Ergebnis gekommen ist, müssen wir andere Wege gehen. Haustarifverträge sind ein Weg. Aber auch hier kommt es entscheidend darauf an, dass sich Menschen organisieren und engagieren.
Nichts unterschreiben
Unterschreibt nichts, was nicht einer rechtlichen Prüfung z.B. durch ver.di unterzogen wurde. Bereits eine Unterschrift kann die individuelle Nachwirkung der Tarifverträge für Euch beenden.
Es geht um Euere Arbeit und um Euer Leben. Deshalb seid dabei. Organisiert Euch und Eure Kolleginnen und Kollegen.
Engagiert Euch!
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