Eine Kündigung ohne vorherige Anhörung des Betriebsrats kann eine grobe Pflichtverletzung des Arbeitgebers darstellen. Bei Wiederholung droht ein Ordnungsgeld, entschied das Hessische Landesarbeitsgericht. Im konkreten Fall muss ein Arbeitsgeber künftig 10.000 Euro zahlen, wenn er erneut Kündigungen ausspricht, ohne den Betriebsrat nach Paragraf 102 des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) zu beteiligen.
Der Arbeitgeber hatte einem Mitarbeiter im Februar 2019 gekündigt, ohne den Betriebsrat zuvor angehört zu haben. Als der Betriebsrat sich darüber beschwerte, erklärte der Arbeitgeber, es habe sich um eine Abwicklungsvereinbarung gehandelt und der Betriebsrat sei auf Wunsch des Mitarbeiters nicht informiert worden. Im September 2020 sprach der Arbeitgeber sechs krankheitsbedingte Kündigungen aus, ohne den Betriebsrat zuvor zu beteiligen. Als Entschuldigung hieß es, es habe sich um ein Versehen der Personalabteilung gehandelt. Daraufhin beantragte der Betriebsrat beim Arbeitsgericht, dem Arbeitgeber unter Androhung eines Ordnungsgelds zu untersagen, weiterhin Kündigungen auszusprechen ohne die Arbeitnehmervertretung einzubeziehen. Das Gericht wies den Antrag ab.
Doch das Landesarbeitsgericht in nächster Instanz gab dem Betriebsrat Recht und sah im Verhalten des Arbeitgebers, der auch die Personalabteilung verantwortet, einen groben Verstoß gegen seine Verpflichtung. Auch bei Abwicklungsvereinbarungen sei der Betriebsrat zu unterrichten und anzuhören. Im Falle der krankheitsbedingten Kündigungen sei gleich mehrfach das Beteiligungsrecht des Betriebsrats übergangen und die Rechte der betroffenen Beschäftigten erheblich eingeschränkt worden, so das Landesarbeitsgericht.
Hessisches Landesarbeitsgericht vom 08.08.2022, Az. 16 TaBV191/21