Die Reallöhne sind europaweit eingebrochen. Die Beschäftigten in der Europäischen Union haben in allen Ländern – mit Ausnahme von Bulgarien – erheblich an Kaufkraft eingebüßt, wie der Europäische Tarifbericht des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung aufzeigt. Deutschland lag mit einem Minus von 4,1 Prozent im Durchschnitt der EU. Besonders große Verluste verzeichnete Estland (9,3 Prozent), Griechenland (8,2 Prozent) und Tschechien (8,1 Prozent).
Schuld am Einbruch der Reallöhne ist die hohe Inflation. Während zunächst dafür vor allem höhere Importpreise für fossile Energie und Nahrungsmittel verantwortlich waren, tragen inzwischen steigende Unternehmensgewinne erheblich zur Preissteigerung bei, analysiert das WSI. So stiegen EU-weit die Kapitalstückkosten, auch als Gewinninflation bezeichnet, im Vorjahr um 7 Prozent und damit deutlich schneller als die Lohnstückkosten mit 3,3 Prozent.
Die höheren Gewinne gehen darauf zurück, dass Unternehmen ihre Preise stärker angehoben haben, als dies aufgrund gestiegener Kosten eigentlich notwendig gewesen wäre. Die WSI-Studie kommt zu dem Ergebnis, dass es „mitten in der Krise zu einer Umverteilung zulasten der Löhne und zugunsten der Kapitaleinkommen gekommen ist“.
Die Tariflöhne in Deutschland stiegen nach Angaben des Statistischen Bundesamts im ersten Quartal dieses Jahres um 2,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Damit einher gehen Einbußen der Kaufkraft. Auch für Deutschland wird in diesem Jahr erneut mit einem Reallohnverlust von 1,3 Prozent gerechnet. Im Gegensatz dazu dürften sich die Unternehmensgewinne weiterhin positiv entwickeln.