"Honorare hoch!"

15.09.2024
Protest bei der Aktionärsversammlung von Bastei Lübbe

Im stylischen Mediapark in Köln finden zahlreiche Veranstaltungen statt: So auch vergangenen Mittwoch (11.09.24), als sich die Aktionär*innen des Bastei Lübbe Verlags dort trafen, um unter anderem eine Maximalvergütung für den Vorstandsvorsitzenden von 1.650.000 Euro sowie eine Erhöhung der Dividende pro Aktie zu beschließen. Vor der Tür protestierten die Übersetzer*innen für eine Erhöhung ihrer mageren Honorare.
 
Von Wilfried Urbe

Was sich für Außenstehende nach einem florierenden Unternehmen anhört, erscheint Mitarbeitenden als blanker Hohn. Und so hatte der Verband der Übersetzer*innen VdÜ zu einer Protestaktion aufgerufen, zu der sich rund 20 Mitglieder am Morgen, kurz vor der Zusammenkunft, dort einfanden, um aufzuklären und ihre Kritik öffentlich zu machen. „Honorare hoch!“ skandierten sie unter anderem, um klarzumachen: Die großzügigen Ausschüttungen gehen auch auf Kosten von Übersetzerinnen und Übersetzern. Dabei hat das Unternehmen seinen Gewinn im Geschäftsjahr 2023/24 fast verdoppelt.
 
Am unteren Ende der Honorar-Skala

 
Protest bei der Aktionärsversammlung von Bastei Lübbe

„Aktuell bekommen die Aktionäre 30 Cent pro Aktie als Dividende, das ist mehr als die Absatzbeteiligung, die wir erhalten“, empört sich Andreas Jandl. Der Zweite Vorsitzende des VdÜ, dessen Mitglieder der Gewerkschaft ver.di angehören, bemängelt vor allem die Praxis beim Kölner Verlag, eine Absatzbeteiligung erst ab dem Zeitpunkt zu zahlen, wenn der Verkauf des entsprechenden Buchs das Grundhonorar eingespielt hat. Jandl gibt ein Beispiel: „Ich übersetzte ein Buch ein halbes Jahr lang und bekomme dafür 7000 Euro. Bei Bastei Lübbe wartet man mit der Absatzbeteiligung ab, bis sich durch den Verkauf dieses Honorar nochmals eingespielt hat, dies nennt sich ‚Verrechnung der Absatzbeteiligung mit dem Grundhonorar‘ - und diese Verrechnung wollen wir nicht.“ Bei rund 90 Prozent der Verlage sei es Praxis, sofort ab dem ersten verkauften Buch oder zumindest ab dem 5.001 verkauften Exemplar die Übersetzenden zu beteiligen: „Das wird uns hier aber vorenthalten. Dabei ist diese Absatzbeteiligung ab dem 5.001 Exemplar ohne Verrechnung sogar durch ein höchstrichterliches Urteil des Bundesgerichtshofs bestätigt.“ Den Kreativen jedenfalls, so der VdÜ-Vorsitzende, könnten durch die Praktiken des Kölner Verlagshauses ein großer Teil ihres Honorars entgehen.
 
50 Euro für ein Gedicht
 
Dabei ist die Einkommenssituation dieser meist freiberuflich tätigen Berufsgruppe sowieso schon nicht allzu einträglich. „21 Euro beträgt ein durchschnittliches Seitenhonorar“, weiß die Übersetzerin Ruth Löbner, die sich ebenfalls an der Protestaktion beteiligte. Bis zu drei Tage könne es manchmal dauern, eine Seite zu übersetzen. Auch 50 Euro für ein Gedicht oder zweieinhalb Euro für einen Vers erscheinen als spärliche Bezahlung, wenn man die dafür erforderliche, auch künstlerische Leistung in Rechnung stellt. „Aber letztlich machen wir es ja auch nicht nur wegen des Geldes“, verweist die Übersetzerin auf einen ideellen Antrieb, der viele kreativ Tätige nicht aufgeben lässt. Was Bastei Lübbe angeht, so bewege sich der Verlag am untersten Ende der Honorar Skala.

Die Einkünfte müssen insgesamt gesteigert werden. Dessen waren sich nicht nur die Protestierenden in der Domstadt sicher.  „Seit 2003, seit meiner Verbandsmitgliedschaft, hat es noch keinen Ausgleich für die Inflation oder sonstige Verwerfungen gegeben“, beschreibt Jandl die Situation, „so geht das nicht. Das ist auch ein Appell an die Politik.“
 
Erforderlich: Gesetzliche Festschreibung von Mindesthonoraren
 
Anlässlich der Kundgebung wurden die Forderungen dann auch konkret an das Bundesjustizministerium formuliert: „Eine gesetzliche Festschreibung von Mindesthonoraren für Übersetzungen außerhalb des juristischen Bereichs analog zum Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz! Eine Verlagsförderung für Kleinverlage, damit die Vielfalt der literarischen Landschaft erhalten bleibt, die nicht nur für Übersetzer*innen wichtig ist!“ Und: „Ein Verbandsklagerecht, damit Übersetzer*innen gegen Verstöße gegen das Urhebervertragsrecht vorgehen können, ohne fürchten zu müssen, dass sie auf einer Blacklist landen und ihren Lebensunterhalt verlieren!“

Auf Nachfrage erhielten wir übrigens auch eine offizielle Stellungnahme des Vorstands von Bastei Lübbe. „Wir bedauern, dass es zu dieser Form des Protests kommt, und sehen dafür keinen Anlass, da wir seit vielen Jahren mit einer individuellen und fairen Vergütungsregelung arbeiten, die bisher von allen Beteiligten für gut befunden wird“, heißt es dort unter anderem. Allerdings versichert der Vorstand, dass er „stets gesprächsbereit“ sei, „wenn es von Seiten der Beteiligten Bedarf gibt. Sollten wir im Dialog zum Ergebnis kommen, dass wir unsere Honorar-Regelungen ändern müssen, könnten wir das sehr schnell und unbürokratisch tun.“ Für den VdÜ wäre das ein längst überfälliger Schritt.