Jede/r zehnte Erwerbstätige arbeitet „suchthaft“

17.08.2022
Suchthaftes Arbeiten

 

Bis spät im Büro hocken, zu Hause nochmal die Mails checken – und einfach nicht loslassen können: Rund ein Zehntel der Erwerbstätigen in Deutschland arbeitet suchthaft, wie eine von der Hans-Böckler-Stiftung geförderte Studie ergibt. Sie arbeiten nicht nur sehr viel und schnell und erledigen mehrere Aufgaben prallel, sondern können auch nur mit schlechtem Gewissen freinehmen und nach Feierabend kaum abschalten. Besonders betroffen sind Führungskräfte und Selbstständige. Die Untersuchung zeigt, dass in Betrieben mit Mitbestimmung suchthaftes Arbeiten seltener vorkommt. Betriebsräte helfen dabei, Grenzen zu ziehen und schützen vor Selbstausbeutung.

Über gut zwei Jahre haben sich Forschende des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) und der Technischen Universität Braunschweig mit Unterstützung der Hans-Böckler-Stiftung den Workaholics gewidmet. Dabei kamen sie zu dem Ergebnis, dass suchthaftes Arbeiten kein Randphänomen ist, das nur eine kleine Gruppe von Führungskräften betrifft. Sondern exzessives und zwanghaftes Arbeiten ist in allen Erwerbstätigengruppen verbreitet. Am wenigsten betroffen sind Informatik, Naturwissenschaft und Geografie. Am häufigsten neigen mit 19 Prozent die Beschäftigten in Land-, Forst-, Tierwirtschaft und Gartenbau zu suchthaftem Arbeiten.

Bei Schulabschluss und Familienstatus zeigen sich keine Zusammenhänge mit der Neigung zu suchthafter Arbeit. Wer eine lange vertragliche Wochenarbeitszeit hat, neigt leicht überdurchschnittlich zur Arbeitssucht. Ob der Vertrag befristet ist oder nicht, spielt hingegen keine Rolle. Allerdings ist die Quote der Workaholics unter Selbstständigen mit 13,9 Prozent besonders hoch. Zudem sind Führungskräfte mit 12,4 stärker betroffen als andere Erwerbstätige, von denen 8,7 Prozent als arbeitssüchtig gelten.

Einen starken Zusammenhang gibt es mit Betriebsgröße und Mitbestimmung. In Großbetrieben ist Arbeitssucht weniger verbreitet als in kleinen Betrieben. Bei Unternehmen mit weniger als zehn Beschäftigten sind 12,3 Prozent davon betroffen, bei mehr als 250 Beschäftigten 8,3 Prozent. In Betrieben mit Betriebsrat arbeiten 8,7 Prozent suchthaft, ohne Mitbestimmung sind es 11,9 Prozent.