Industrie 4.0 + KI = Industrie 5.0?

07.05.2024

Chancen der Wasserstoffwirtschaft und Einsatz von Künstlicher Intelligenz waren herausragende Themen bei der Hannover Messe

Von Ulrich Bareiß
(DVPI und mti)

Der Forschungsbeirat Industrie 4.0 und die Plattform Industrie 4.0 nehmen in einer Kritik Stellung zum Umgang mit dem Begriff „Industrie 5.0“. Auf der Hannover Messe 2011 wurde „Industrie 4.0" erstmalig der breiten Öffentlichkeit vorgestellt mit einem industriellen Leitbild, das weiterhin hochaktuell ist und sich weltweit verbreitet. Der Forschungsbeirat Industrie 4.0 und die Plattform Industrie 4.0 kritisieren die leichtfertige und unnötige Verwendung des Begriffs „Industrie 5.0“, der keine neuen Inhalte habe und zur Verunsicherung beitrage. „Industrie 4.0" steht für die vierte industrielle Revolution und deren fortlaufende Veränderung, die alle gesellschaftlichen Bereiche umfasst.

Partnerland Norwegen

Die diesjährige Hannover Messe vom 22.- 26. April 2024 hatte als Schwerpunktthemen Künstliche Intelligenz und Wasserstoff. Partnerland war Norwegen, das mittlerweile fast seinen kompletten Strombedarf aus erneuerbaren Energien (Wasserkraft, Windparks, Solartechnik) generiert.

Die Industrie in Deutschland hat dieses Jahr einen schweren Stand. Nach Aussagen von Branchenvertretern wird die Industrieproduktion um weitere 1,5 Prozent zurückgehen. Dazu wirken belastend die im Vergleich zu anderen Industrienationen hohe Strompreise und der Fachkräftemangel. Um dies aufzufangen wird KI zunehmend zur Verbesserung der Produktivität eingesetzt und es geht also um die Anwendung und Einsatz von KI. KI ist der digitale Roboter der Fabriksteuerung. KI wird als industrielle Anwendung nicht nur im Automobilbau, der chemischen Industrie und Maschinenbau, sondern auch in der Lebensmittelindustrie, der Land- und Forstwirtschaft, sowie im Gesundheitswesen eingesetzt. Dazu werden Daten benötigt, je mehr je besser, je genauer. Erfasst werden diese über Sensoren im Produktionsablauf oder Abgreifen der Daten mittels Programmes oder Eingabe. Alle Anbieter von Sensoren, von Fabrikrechnern und Steuerungen haben sich hierauf bereits eingerichtet. Es gibt keinen Maschinenbau ohne entsprechende Sensorik mehr. Es gibt nicht wenige, die sprechen deshalb bereits von „Industrie 5.0".

Die Veranstaltung „Leaders‘ Dialogue“ der Plattform Industrie 4.0 zeigte hier weitere Fortschritte bei der Vernetzung von kompletten Lieferketten. Die nächsten Schritte in der Industrie 4.0 sind KI-Empfehlungssysteme in der Produktion, neue Robotikansätze, die Virtualisierung von Hardware, digitale Zwillinge, Manufacturing-X, Fokus auf kognitive Ergonomie, Open Source und Datenräume mit angeschlossener Plattform.

Die Digitalisierung der Industrie ist eng mit einem Wettlauf verbunden – dem ewigen Kampf zwischen Gut und Böse. Unsere Neugier, die uns vorantreibt, ist gleichzeitig unsere größte Schwachstelle. Doch technische Lösungen stehen bereit, um Unternehmen vor böswilligen Eindringlingen zu schützen. Die Hannover Messe betont die Bedeutung von IT-Sicherheit als Kernthema, um diese Lösungen schnellstmöglich umzusetzen. Viele Aussteller zeigten hier ihre Lösungen.

Wasserstoff in Industrie und Mobilität — Durchbruch oder Nische?

Bekannte Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft diskutierten bei einer Veranstaltung über die Zukunft von Wasserstoff in Industrie und Mobilität. Bei dieser Veranstaltung ging es zur Gestaltung der Wasserstofflandschaft von morgen. Man ist sich noch nicht sicher, ob Wasserstoff wirklich der Energieträger der Zukunft sein wird.

Experten des Leitprojekts H₂Giga diskutieren auf der Hannover Messe die Fortschritte bei der Umsetzung der Ziele der Nationalen Wasserstoffstrategie. Die Linde GmbH präsentiert neue Ergebnisse zur Optimierung von PEM-Elektrolyseuren, während das Start-up WEW eine Musterfertigung für alkalische Elektrolyse-Stacks in Betrieb genommen hat. Ziel ist es, Grünen Wasserstoff im Gigawatt-Maßstab herzustellen. Auf dem Messestand der Wasserstoff-Leitprojekte können Besucher Einblicke in die Ergebnisse der Wasserstoff- Leitprojekte H₂Giga, H2Mare und TransHyDE erhalten.

Die Firma Bosch-Rexroth präsentierte sich als Ausrüster für Wasserstoffanwendungen. Dies sind zum Beispiel Verdichter, Wasserstofftankstellen oder Batteriefertigung. Daneben hat Bosch-Rexroth ein eigenes, echtzeitfähiges Betriebssystem auf Linux Basis.

Innovation im Dialog — Startups, Industrie und Regierung im Austausch

Robert Habeck, Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, beleuchtete mit Vertreter*innen von Festo und dem Startup OSPHIM aus verschiedenen Perspektiven, wie bei den künftigen Startup Factories die öffentliche Hand, Hochschulen, Unternehmen und private Geldgeber zusammenarbeiten können. Das Ziel: mehr und bessere innovative Startups in Deutschland.

Die Firma Festo, die ich letztes Jahr besucht habe, hat nun eine strategische Partnerschaft mit Phönix Contact beschlossen. Dieses offene Ecosystem für moderne Automaten soll in zukünftigen intelligenten Geräten eingesetzt werden.

Siemens hat das erste generative KI-Produkt für Engineering im industriellen Umfeld vorgestellt. Dadurch reduziert sich der Aufwand bei der Erstellung und Programmierung von speicherprogrammierbaren Steuerungen (SPS) erheblich.

Besonderer Schwerpunkt auf dem Messestand der Firma Lapp ist in diesem Jahr das Thema Gleichstrom, das für eine nachhaltige Industrie immer relevanter wird. Mit zunehmender Automatisierung und dem Bestreben vieler Unternehmen, ihren CO2-Ausstoß zu reduzieren, werden in Zukunft innovative Energieversorgungskonzepte mit Einsparpotenzialen benötigt. 

Die Zukunft der Fertigung ist widerstandsfähig, agil und nachhaltig. Am Stand von Amazon Web Services (AWS) konnte man erfahren, wie Cloud-Technologien wie maschinelles Lernen, generative KI und Big Data Analytics die industriellen Betriebsabläufe optimieren. Industriekunden wie Volkswagen, Siemens und 3M nutzen die operative Effizienz entlang der Wertschöpfungskette um datengetrieben zu agieren.

Der Druck zur Effizienzsteigerung ist hoch. Zunehmend wird KI auch zur Energieeinsparung genutzt.